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Ein Problem der Semantik -
eine humorvolle Kurzgeschichte über ein Zuständigkeitsproblem
ca. 4 Kindle-Seiten
Ein Problem der Semantik
von Tom Stark
»Ich habe hier eine Beschwerde, meine Herren. Der Elf Zwölf Federn beklagt sich darüber, dass sie einen Mord im Elfenwald nicht mit dem gebührenden Nachdruck verfolgt hätten.«
Wachkapitän Siro di Gris, lehnte sich zurück, legte die Fingerspitzen beider Hände aneinander und betrachtete betont kühl über das nun gebildete Dach seine beiden Untergebenen.
»Das ist unfair, Herr, und einfach nicht wahr!« , entgegnete ihm Feldwebel Lars Einbaum.
»... überhaupt falsch!«, bestätigte sein Partner Korporal Twebloom umgehend.
Kapitän Siro di Gris, nickte: »Dann berichten Sie bitte, was sich aus Ihrer Sicht abgespielt hat, Feldwebel.
Feldwebel Einbaum und Korporal Twebloom gaben folgende Begebenheit so wahrheitsgetreu wieder, wie es ihnen möglich war.
Es war morgens, halb zehn im Land, als der werte Waldelf Zwölf Federn in die Wachstube gestürzt kam. Feldwebel Einbaum und Korporal Twebloom hatten gerade ihr Frühstückchen, waren aber sofort hilfsbereit zur Stelle, um dem aufgeregten Elfen beizustehen.
»Es ist ein Mord geschehen!«, rief der Elf Zwölf Federn aufgebracht.
»Ein Mord?«, stieß Einbaum überrascht hervor? In der ruhigen Ecke ihres Landes passierte eigentlich nie etwas.
»... Totschlag?«, fragte Twebloom entsetzt und sichtlich überfordert.
»Ja, ein Mord im Elfenwald!«, fügte Zwölf Federn hinzu.
»Im Elfenwald? Allerhand!« Einbaum war aus dem Häuschen.
»... Potztausend!« Twebloom war sogar schon aus dem Städtchen.
»Gab es Zeugen?« Der Feldwebel erinnerte sich an die Grundlagen seiner Ausbildung und nahm Papier und Feder zur Hand.
»... Tatbeobachter?«, wollte auch Twebloom wissen.
»Ja, die gab es: Meine Brüder. Sie halten den Täter am Ort des Verbrechens fest!« Der Elf Zwölf Federn war sichtlich stolz auf die umgehende Reaktion seiner Leute.
»Gut, dann wollen wir keine Zeit verlieren und gleich los«, beschied Einbaum entschlossen.
»... umgehend dorthin«, stimmte ihm Twebloom tatkräftig zu.
Sie waren kaum vor das Wachhaus getreten, als sie fast in den einzigen Arzt des Örtchen hineinliefen.
»Holla, Einbaum, Twebloom«, grüßte der die bekannten Wächter. Auch der Elf Zwölf Federn bekam ein freundliches Nicken.
»Es ist ein Mord geschehen!«, platzte Einbaum gleich mit der Neuigkeit heraus.
»... passiert«, wusste Twebloom zu bestätigen.
»Ein Mord?«, fragte Doktor Horace Troisœufs bestürzt. In seinem kleinen Örtchen passierte sonst nie so etwas Schreckliches.
»Im Elfenwald«, kam endlich auch der Elf Zwölf Federn zu Wort.
»Allerhand!«, versetzte der Medikus. »Vielleicht sollte ich besser mitkommen, die Todesursache bestimmen?«
Zwölf Federn musterte den Arzt irritiert, zuckte aber dann wortlos die Schultern.
Sie kamen am Friedhof vorbei und trafen auf den Totengräber Emile Fourcart mit seinem Wagen, der gerade seinen letzten Kunden gut untergebracht hatte.
»Guten Morgen, Einbaum, Twebloom und Doktor Troisœufs«, grüßte er freundlich die bekannten Gesichter. Auch den Waldelfen Zwölf Federn bedachte er mit einem freundlichen Nicken. »Was treibt Euch denn an diesem schönen Morgen hinaus?«
»Ein Mord ist geschehen!«, berichtete Einbaum die nicht mehr ganz neue Neuigkeit.
»... vorgefallen«, bestätigte Twebloom eifrig.
»Schrecklich!« versetzte Doktor Troisœufs bedrückt.
»Ein Mord?«, versicherte sich der Totengräber erstaunt. Er hatte keine Ahnung, wann er zuletzt einen, nicht auf natürliche Weise abgelebten Mitbürger, bestattet hatte. Hier geschah sonst nie Derartiges.
»Im Elfenwald«, fügte der Elf Zwölf Federn bedrückt hinzu.
»Allerhand!«, meinte Fourcart nachdenklich »Vielleicht sollte ich besser mitkommen? Jemand sollte die Leiche fachgerecht und angemessen transportieren.«
Der Elf Zwölf Federn runzelte erstaunt seine edle Stirn, hob aber schließlich wortlos die Schultern.
Sie waren bereits in Sichtweite des Waldes, als sie auf die tägliche Morgen-Patrouille trafen.
»Links, Zwo, Drei, Vier. Aufgepasst, Zwo, Drei, Vier. Ganzer Trupp: HAAALT!«
Auch wenn der Trupp nur aus vier Wachsoldaten bestand, musste die militärische Art schließlich gewahrt bleiben.
»Gott schütze den König!« Der Anführer des Trupps salutierte schneidig vor Feldwebel Einbaum und Korporal Twebloom. »Guten Morgen, Doktor Troisœufs, Herr Fourcart, werter Herr Zwölf Federn. «, grüßte Weibel Pentus Butanovitch danach auch die anderen. Ebenso salutierten die Soldaten Hexos, Heptor und Oktov. Auch der Elf Zwölf Federn wurde mit einem freundlichen Nicken begrüßt.
»Dobroye utro, Ist etwas passiert, Tovarishch?« wandte sich der Weibel an seinen Feldwebel.
»Es ist ein Mord geschehen!«, informierte Einbaum seinen Kameraden.
»... eingetreten«, informierte Twebloom ebenso kurz, wie prägnant.
»Schrecklich!«, bestätigte Doktor Troisœufs.
»Echt schlimm«, bekräftigte Fourcart.
Diensteifrig hörte Weibel Pentus zu. Endlich gab es etwas zu tun, um sich den Sold zu verdienen. Hier passierte eigentlich nie etwas, wozu die Schwerter und Rüstungen, die zu tragen immerhin Pflicht waren, nötig wären.
»Wo ist denn der Mord passiert, Herr?« fragte er seinen Feldwebel.
»Im Elfenwald«, kam der Elf Zwölf Federn dem Wächter zuvor.
»Allerhand!«, sagte Pentus neutral. Als guter Soldat hatte er weder Sympathie noch Antipathie zu zeigen, für eines der Völker, über die er wachte. »Vielleicht sollten wir besser mitkommen? Jemand muss doch den Tatort sichern und eventuelle Schaulustige fernhalten.«
Der Waldelf schüttelte verwundert den Kopf, zuckte dann leise seufzend die Schultern.
Schließlich führte der Elf Zwölf Federn Einbaum, Twebloom, Troisœufs, Fourcart, Pentus, Hexos, Heptor und Oktov zu einer Lichtung. In deren Mitte hielten zwei weitere Elfen einen Zwergen fest, der inzwischen nicht mehr ganz so wutschnaubend seine Freilassung forderte.
»Das sind Neun Finger und Zehn Bären, meine Brüder. Und das ist der Mörder!«
Erbost zeigte der Elf Zwölf Federn auf den allseits bekannten Zwerg Timber Dreihzeh.
»Und hier sind seine Opfer!« Mit Tränen in den Augen deutete er auf die frisch gefällten Baumstämme, welche sauber am Rand der Lichtung aufgestapelt waren.
Anklagend starrte der Elf Zwölf Federn Dreihzeh an.
»Oh, ich glaube, ich erkenne ein Problem«, sagte Feldwebel Einbaum nach einigen sehr, sehr stillen Augenblicken.
»... Komplikation«, stimmte ihm Twebloom zu.
Der Feldwebel winkte den Elfen zu sich: »Herr Elf ...«
»Zwölf Federn ...«, berichtigte ihn jener.
»Gut, Herr Zwölf Federn.«, seufzte Einbaum.
»... Elf Zwölf Federn«, gab auch Zwebloom entschuldigend von sich.
»Wir haben hier offenbar ein Problem mit der Semantik« Feldwebel Einbaum klang bedauernd.
»... Linguistik«, bedauerte auch Twebloom.
»Semantik?!«, fragte der Elf Zwölf Federn entgeistert.
»Ja, doch. Sie sagten, es ginge um einen Mord IM Elfenwald, aber wir hier haben wir Mord AM Elfenwald. Dafür ist die Wache nicht zuständig.«
»... nicht verantwortlich«, bekräftigte Korporal Zweblum.
»Wenden Sie Sich dafür doch bitte an die Forstverwaltung ...«
08.12.2017
Tom Stark - zum Lesen geeignet